„Juhu! Ein Baby im Bauch! Aber darf man schwanger Rennradfahren? Schade ich damit eh nicht dem Baby? Muss ich etwas beachten?“ Diese Fragen sind mir als passionierte Rennradfahrerin ungefähr 5 Sekunden nach dem positiven Textergebnis in Woche 5 meiner Schwangerschaft durch den Kopf gegangen. Bereits in der Zeit zu Beginn, in der man auf den Termin bei seinem/seiner Gyn wartet, (viele Gynäkolog:innen vergeben Termine erst in Woche 7-9, weil es dann wahrscheinlicher ist, bereits den Herzschlag des Fötus zu erkennen) habe ich schon kräftig gegoogelt. Na klar: solche wichtigen Entscheidungen trifft man nicht aufgrund von ein paar Artikeln im Internet, aber mich haben einfach die Erfahrungen anderer Sportlerinnen interessiert – aber auch aktuelle Studien, die sich mit dem Thema auseinander setzen.

Mir ist es besonders wichtig, zu betonen, dass dieser Blogpost natürlich nicht die Rücksprache mit dem behandelnden Arzt/Ärztin und/oder Hebamme ersetzt. Auch die Symptome, die mit einer Schwangerschaft einhergehen, sind bekanntlich sehr unterschiedlich und können auf eure individuellen Sporterfahrungen in der Schwangerschaft erheblichen Einfluss nehmen. Während die eine kaum von der Kloschüssel los kommt oder von einer fesselnden Müdigkeit dahin gerafft wird, kann die andere noch munter überlegen, bis wann sie noch Bikepacken möchte. Noch dazu gibt es Indikationen, die im Laufe der Schwangerschaft auftreten können, die von jetzt auf gleich einen „Richtungswechsel“ in Sachen Sport bedeuten können!

Inhaltsangabe:

Tipp 1: Beim Arzt die Fakten auf den Tisch!

Unabhängig davon, welchen Sport du passioniert ausübst: es kommen dabei schnell Trainingsumfänge zustande, die man uns Frauen nicht unbedingt zutrauen würde. Wenn man Mediziner:in oder Hebamme erzählt, „dass man gerne Rad fährt, auch mal bisschen länger“, entsteht womöglich ein völlig falsches Bild im Kopf des Empfängers: das man mit dem Trekkingbike an einem schönen Sonntag auch mal 60 km auf dem Donauradweg fährt. Dass das stark an der Lebensrealität vieler Rennradlerinnen vorbei geht, die locker 15 bis 20 Stunden pro Woche oder mehr auf dem Rad unterwegs sind, Leistungsgesteuertes Training betreiben oder ausgedehnte Bikepackings mit Distanzen weit über 100 Kilometern pro Tag unternehmen, ist klar. Damit hier kein Missverständnis entsteht, packe ruhig alle deine sportlichen Erfolge der letzten Jahr auf den Tisch, damit bei dein:er Ärzt:in ein realistisches Bild von dir als Athletin entsteht.

Deine medizinische Betreuung kann dir so viel konkreter weiterhelfen. Statt dich auf irgendwelche random Zahlen wie „nicht über 140 Schläge bei der Herzfrequenz kommen“ zu verlassen, könnt ihr gemeinsam aus vergangenen Leistungsdiagnostiken & Trainingsumfängen realistische Sportempfehlungen für deinen eigenen, höchst individuellen Körper entwickeln

Im ersten Trimester sieht man kaum etwas vom Baby, aber es fährt trotzdem schon mit!

Tipp 2: So viele Meinungen, so wenig dahinter.

Ich hatte natürlich schon oft gehört & gelesen hatte, dass man ab der Schwangerschaft – ja, eigentlich bis die Kinder dann erwachsen sind – sehr oft sehr viel ungefragten Blödsinn zu hören bekommt. Als es mir dann zum ersten Mal selbst passiert ist, war ich dennoch kurz baff ob der Dreistigkeit. Aussagen wie „Was? Du willst noch Rennrad fahren? Das führt mit den gedehnten Mutterbändern zu XY!“, „Was? Radfahren verschließt das Becken!!1!“ oder „Meine Freundin ist Triathletin und hat mit X Schwangerschaftswochen noch Wettkämpfe unter voller Ausbelastung gemacht!“ (ja, es gibt da durchaus beide Extreme). Während solche Aussagen von Fremden oder Kollegen womöglich noch beim einen Ohr rein und beim anderen wieder raus gehen, kann das grade im engen Umfeld zu großen Gewissensbissen führen. Ich habe mich mit Tipp 3 darauf vorbereitet:

Tipp 3: Sei mit deiner Entscheidung Pro oder Contra Sport im Reinen.

Wenn du in Rücksprache mit deinem/deiner Frauenärzt:in und deiner eigenen Risikobereitschaft eine Entscheidung getroffen hast wie: „Ich treibe ab sofort nur noch Sport mit Grundlagenbereich, fahre auf Abfahrten besonders vorsichtig und lasse die Einheit bei großer Hitze oder Schlechtwetter aus Sicherheitsgründen ausfallen.“, dann finde dich damit ab. Diese ständig in Frage zu stellen, nur weil du hörst, dass es jemand anders macht oder es für ihn zu gefährlich wäre, bringt dir überhaupt nichts!

Natürlich ist die große Frage, was im Falle eines Sturzes passieren kann. Dafür habe ich für mich bisher auch keine gute Lösung gefunden. Man fährt eben nicht mehr alleine, wenngleich das Risiko einer Verletzung bei entsprechender Fahrweise deutlich geringer als im Haushalt & Co ist. Die Gefährdung durch andere Verkehrsteilnehmer lässt sich aber nie ausschließen, egal, wie man sich fortbewegt. Ich finde, auch das seelische Wohl der werdenden Mutter darf bei der Risikoabwägung nicht außer acht gelassen werden – wer es seit Jahren gewöhnt ist, sich draußen an der frischen Luft zu bewegen, für den ist ein prompter Wechsel auf reines Indoor-Training meist keine Option. Zumindest, wenn man nicht durchdrehen möchte!

Tipp 4: Die Vorteile für Baby & dich im Kopf behalten!

Ja, es gibt einige Risiken, aber vor allem ist Sport – und dabei primär Sport, den der Körper schon kennt -ein absolutes Muss in der Schwangerschaft, wenn es der gesundheitliche Zustand der werdenden Mutter irgendwie zulässt. Kein Wunder: laut Studien senkt regelmäßige Bewegung das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes & Präeklampsie, Frühgeburten, Komplikationen bei natürlichen Geburten, Thrombosen und und und… Je länger man in der Schwangerschaft sportlich aktiv ist, desto kürzer fällt die Pause rund um Geburt & Wochenbett aus. Und desto leichter fällt dann auch der Wiedereinstieg danach – hoffentlich. 😉 Für mich ist es wichtig, diese Vorteile immer im Kopf zu haben, wenn mir jemand ein schlechtes Gewissen machen möchte. Niemand, der wirklich an der Gesundheit von werdender Mutter & Baby interessiert ist und sich auch nur 5 Minuten mit dem Thema auseinander gesetzt hat, wird dir raten, nicht mehr Rennrad zu fahren – solange deine Schwangerschaft normal verläuft. Ich antworte dann gerne scherzhalber: „Mein Baby hat jetzt schon eine bessere Grundlagenausdauer als du.“ – wenn ich cool genug bleibe.

Tipp 5: Gimme gimme more (snacks)!

Wenig überraschend, aber: genug (leckeres) Essen auf den Touren dabei zu haben ist das A und O. Dem „Mann mit dem Hammer“ möchte man nie begegnen, aber noch viel weniger, wenn im Bauch jemand „mit-isst“. Grade, wenn man selbst langsam schwerer wird, das eigene Fitnesslevel aber abnimmt, braucht man gefühlt viel häufiger etwas zusätzliche Energie. Und damit man nicht erst isst, wenn man bereits hungrig ist, sollte es etwas sein, das einem besonders gut schmeckt. Für mich persönlich sind das zum Beispiel die Maurten Bars* und alles mit Nüssen.

Zum Glück steht der Trainer nur rum, weil ich so viel draußen fahre
Snacks snacks snacks – und zutrinken!

Tipp 6: Daten & eigenes Gefühl bringen Aha-Momente

Ich persönlich finde es ganz spannend, all die Daten aus Alltag & Training mit meinem eigenen Körpergefühl zu vergleichen. In einigen Wochen, in denen ich weniger zum Fahren gekommen bin, jedoch in meinem Job besonders eingespannt war, haben sich für mich deutlich anstrengender angefühlt, als jene, in denen ich wirklich viel Rennradfahren war. Wie anstrengend Stress (der sich leider für alle, die nicht direkt ins Berufsverbot rutschen kaum vermeiden lässt) für den eigenen Körper ist, zeigen diese Daten sehr „schön“.

Auch gewöhne ich mich derzeit an immer kleinere Umfänge meiner Ausfahrten, die aber aufgrund von knapp 10 Kilo mehr so anstrengend sind, wie früher ein flotter Gran Fondo. All diese Belastungen aus Uhr & Bike-Computer fließen an einer Stelle bei mir zusammen: in der Garmin Connect App*. Wenn ich dann mal schon um 20 Uhr komplett erledigt bin oder den ganzen Tag über nur Hunger habe, erklärt ein Blick in die App auf die letzten Tage einiges. Besonders praktisch: in der App kann ich auch Kindsbewegungen im Bauch aufzeichnen. An Tagen, an denen ich viel unterwegs bin oder Sport treibe, bewegt sich das Baby bei mir eher weniger. Einerseits wird es ja dann den ganzen Tag über sanft im Fruchtwasser geschaukelt, andrerseits ergeben sich weniger ruhige Momente, in denen man besonders auf die Bewegungen achtet. Kein Grund zu Sorge, an ruhigen Tagen wird dafür deutlich mehr geturnt!

Tipp 7: Enjoy the moment, es kann sich jederzeit ändern!

Es gibt einige Indikationen in der Schwangerschaft, die Sport & damit auch Rennradfahren leider ausschließen. Auch wenn du dich nicht mehr sicher auf dem Rad fühlst, sagt einem ja bereits der gesunde Menschenverstand, das Rennradfahren erst einmal sein zu lassen. Ich versuche daher, jede Fahrt besonders zu genießen und auch die kleinen Details noch einmal ganz genau wahr zu nehmen. Das Gefühl vom Fahrtwind im Gesicht, wenn man über den perfekten Flüsterasphalt gleitet oder die feinen Salzkristalle auf der Haut nach Anstieg und folgender Abfahrt.

Sollte nun aber irgendwann mein zB mein Gebärmutterhals zu kurz sein, habe ich mir bereits eine Liste angelegt, mit Sachen, die ich machen möchte, die weniger anstrengend sind. Zum Beispiel endlich Italienisch lernen, ein paar alte Trikots & Technik aus meinem Fahrradzimmer verkaufen oder meine Foto-Ablage der letzten 6 Jahre durchsortieren. Wenn ich die 6-12 Stunden pro Woche, die ich derzeit noch auf dem Rad sitze, in diese Projekte „investiere“, ginge da wirklich was weiter!

Bonus Tipp: Group Rides & Co

In den letzten Monaten wurde ich immer langsamer. Keine große Überraschung: Ich war eigentlich ausschließlich im Grundlagenbereich unterwegs und bin schwerer geworden. Mit einfachen Worten: mein Körper ist es nun nicht mehr gewöhnt, auf die Schnellkraft in den Beinen zurück zu greifen, um zum Beispiel mal über eine kleine Bergkuppe drüber zu treten. Generell fahre ich auch einfach sofort langsamer, wenn meine Herzfrequenz über den Grundlagenbereich hinaus geht. Beides verträgt sich überhaupt nicht mit der Fahrweise in einer Gruppe oder auch zu zweit, wenn nicht allen Beteiligten absolut klar ist: Die Schwangere gibt das Tempo vor. Es kommt sonst schnell zu Frustration auf beiden Seiten („Warum strengst du dich nicht einmal ein bisschen an?“ & „Warum seid ihr jetzt schon wieder in den Wiegetritt gegangen?“). Erfahrungsgemäß pendelt sich das passende Tempo zu zweit deutlich leichter ein, als in einer größeren Gruppe – und im besten Fall schießt die Begleitung, die langsamer als gewohnt unterwegs ist, ja noch das ein oder andere Foto!

So ging es mir beim Rennradfahren während der Schwangerschaft

Was ist eigentlich „normal“ – und was ist „übertrieben“? Die meisten Erzählungen, die man von weniger sportlich-ambitionierten Verwandten, Freundinnen & Kolleginnen hört, fand ich irgendwie demotivierend. Wenn man schon nicht-schwanger nicht auf die Idee käme, eine lange Rennrad-Tour zu machen, wieso sollte man dann in der Schwangerschaft damit anfangen? Und wenn ich nicht bereits nicht-schwanger meine große Passion in „Spazierengehen und ein bisschen Yoga“ gefunden habe, warum sollte ich in der Schwangerschaft damit anfangen?

Um das Narrativ der mit Nordic-Walking-Stöcken „bewaffneten“ Schwangeren zu durchbrechen und euch auch ein anderes Normal zu zeigen, hab ich hier ein paar High- und Low-Lights der letzten Monate zusammen gefasst. Das heißt nicht, dass ich davon alles uneingeschränkt jedem empfehlen würde – aber falls es dir ähnlich geht, wie mir zu Beginn, kann vielleicht die ein oder andere Erfahrung hilfreich für dich sein.

SSW 4 – SSW 10

Nach einem – mal wieder – viel zu langem Winter begannen die Tage rund um meinen positiven Test Anfang April schon wieder merklich länger und wärmer zu werden. Das erste Trimester der Schwangerschaft ist begleitet von vielen Sorgen, schließlich passieren während dieser Zeit die meisten Schwangerschaftsabgänge. Natürlich möchte man dies nicht provozieren oder Schuld sein – und einfach das Beste für den Embryo & sich machen. Also gar nichts? Nicht unbedingt! Zum Glück blieb ich von gröberer Schwangerschaftsübelkeit verschont, solange ich ständig irgendetwas gesnackt habe, und war auch sonst fit, wenn auch deutlich müder und gereizter als sonst.

Bei einer meiner ersten Ausfahrten nach der frohen Botschaft bin ich dann das erste Mal seit langem wieder zur Polizei gefahren, um eine Anzeige zu machen. Auf einer gemütlich Hausrunde über den Sauberg wurde ich im 19. Bezirk so knapp überholt, dass ich fast zum Sturz gekommen wäre. Früher hätte ich das wahrscheinlich ignoriert, aber jetzt, wo ich nicht mehr alleine war, kam das nicht mehr in Frage.

In SSW7 habe ich am Wochenende einen schönen 100er gemacht, wobei ich schon hier im Grundlagenbereich geblieben bin. Puls über 155? Weniger Watt! Am Tag drauf war geplant, die lange Staffel beim VCM zu laufen. Da ich aber noch nie 18km am Stück gelaufen bin, und es mir beim Laufen auch deutlich schwerer fällt, im niedrigen Pulsbereich unterwegs zu sein, habe ich die Staffel abgegeben und stattdessen meine Kolleginnen angefeuert!

Allein allein… Beim 1. Kriterium in Österreich, bei dem es eine Frauen-Amateurwertung gibt!

In SSW8 war es so weit: das erste Fahrrad-Rennen in Österreich, bei dem auch Frauen in der neuen Kategorie „Amateure“ gewertet wurden, stand an. Lange Zeit gab es hier nämlich, anders als bei den Männern, für Frauen zwischen U23 und über 30 in Österreich nur die Möglichkeit, mit der Elite mitzufahren. Zur Elite gehören Athletinnen, die den Sport seit Schulzeiten machen, bei Nationalmeisterschaften starten oder gar in Profi-Teams fahren. Nun also war es so weit, und bei einem Kriterium um die vorderen Plätze mitzufahren ist wirklich eine Schnapsidee in der Schwangerschaft! Viel zu groß ist die Sturzgefahr im Pulk und so ein Rennen bedeutet auch, 40 Minuten an der absoluten Kotzgrenze unterwegs zu sein. Ich wollte hinfahren und die anderen anfeuern, aber nachdem mir und meinem Verein das Thema wirklich seit Jahren auf der Zunge lag, meldete ich mich dann doch zum Start. Bei diesem historischem, kleinen Schritt für die Menschheit, aber großen Schritt für den Frauenradsport in Österreich nicht dabei sein? Das brachte ich kaum übers Herz. Allerdings brachte ich einen „Vorwand“ ein: ich behauptete, ich hätte auffällige Ergebnisse bei einer kürzlichen Gesundenuntersuchung gehabt. Bis diese im Detail abgeklärt wären, sollte ich nur im Grundlagenbereich fahren. Das bedeutete auch, dem Pulk weit hinterher zu rollen, fernab von brenzligen Situationen mit fliegenden Rädern oder Fahrerinnen. Es war ein ganz schön langweiliges Rennen für mich dort hinten im Grundlagenbereich, aber hei, dabei sein ist alles – damit es diese Kategorie auch in Zukunft noch geben wird!

Auch während SSW 9 ging es noch im Grundlagenbereich auf den Bisamberg (bissi stolz, dass mein Körper Steigungen bis zu 10% so gut wegsteckt, ohne dass die Herzfrequenz explodiert) und noch ein paar 100er-Runden.

SSW 10 – SSW 20

In der 12 Schwangerschaftswoche wurde ich nach Belgien eingeladen, zum Female Cycling Summit im Flandrien Hotel. Nachdem es keinen Platz mehr im Nachtzug gab, musste ich leider fliegen und konnte so auch nicht mein eigenes Rad mitnehmen. Ich hatte allerdings Glück und durfte noch einmal ein paar Runden auf einem tollen, geborgten Ridley Noah Fast fahren! Nachdem in dieser Zeit noch kein Bauch zu sehen war, außer wenn man mit ganz viel Fantasie und Anstrengung danach gesucht hat, war das ein super Timing. Etwas schwieriger war es für mich, mit der Gruppe mitzuhalten, immerhin musste ich bei jeder kleinen Rampe – und davon gibt es in Flandern viele – abreißen lassen. Die Distanzen allerdings waren gar gar kein Problem, und so ging ich Abends oder in freien Stunden noch einmal in einer kleineren Runde fahren! Das Baby war so während der Schwangerschaft schon auf der Muur van Geraardsbergen, Paterberg, Koppenberg, Achterberg & Foreest.

Jetzt konnte ich auch endlich vielen Freunden und Verwandten von den Baby-News erzählen, und wenn ich nicht grade im Büro saß, machte ich kleinere Gravel-Routen zur Entspannung. Anfang Juni fuhr ich dann gemeinsam mit meiner Mutter auf ein Gravel-Trainpacking nach Kärnten: in SSW14 wollte ich ihr die Ossiacher Tauern zeigen, die Berge zwischen Wörther- und Ossiachersee, die im Vorjahr beim Jeroboam Austria als erstes auf dem Programm standen. Die Affenhitze, gefolgt von eher weniger nettem Regen, machte uns einen Strich durch die Rechnung und wir kürzten die Tour über einen sketchy Mountainbike-Trail inkl. viel Bike-Schieben ab. An Tag 2 und 3 suchten wir uns dann eher entspanntere Gravel-Routen in der Gegend, außerdem fuhr ich noch die ersten paar Kehren zur Gerlitzen hoch für ein sagenhaftes See-Panorama!

In dieser Zeit begann auch meine rechte Hand massiv einzuschlafen. Einerseits beim Rennradfahren, aber auch beim Schlafen oder im Gehen, und beim „Aufwachen“ tat die Hand sehr weh. Ich nahm das Problem direkt ernst. Ich bekam mein Orthopäden eine Schiene für Nachts verschrieben, außerdem eine Überweisung zur Physiotherapie. Der Grund: Karpaltunnelsyndrom. Die Schiene trug ich ein paar Wochen und es wurde rasch wieder ertragbar, wirkliche Besserung brachte dann die Physiotherapie. Ich bekam wöchentliche die verklebten Faszien ausmassiert und ein paar Übungen, wie ich in akuten Fällen das Problem schnell löse. Komplett vorbei waren die Nachwehen davon dann in SSW 24.

In SSW 15 und 16 fuhr ich noch bei einem Group Ride meiner Arbeit mit, das ging eigentlich ganz gut, weil wir primär flach unterwegs waren. Als mir ein Mitfahrer in einer kurzen Abfahrt erklärte, ich solle nicht so viel bremsen, fuhr ich ihn an, ich sei schwanger und möchte im Falle eines Sturzes mein Kind nicht töten. Totschlagargument, danach war Ruhe, aber mir war auch klar, dass ich Fahrten in der Gruppe schon vor meiner Schwangerschaft extrem nervig fand, und jetzt noch mehr. Stattdessen machte ich mich am nächsten Tag auf ein Solo-Gravelabenteuer auf: im Leithagebirge gibt es ein großes, militärisches Sperrgebiet mit tollen Forststraßen, die man aber nur an wenigen Tagen im Monat befahren darf. Die Hitze machte die Tour dann stellenweise wirklich anstrengend und ich beschloss, lieber gemütlich durch die Felder zurück nach Hause zu kullern – aber mit einem guten Gefühl im Bauch, so tolle, neue Ecken gesehen zu haben!

Toskana wir kommen! Ursprünglich hatte ich bereits letztes Jahr ein Ticket mit dem Nachtzug nach Rimini und ein weiteres mit dem Nachtzug von La Spezia zurück nach Wien gebucht. Der Plan: ein einwöchiges Solo-Bikepacking quer durch meine Lieblingsregionen in Italien, vom adriatischen ans tyrrhenische Meer, im Juli. Gyn & Hebamme rieten mir davon nicht ab, sagten aber, dass ich zur Mittagszeit eher nicht mit dem Rad unterwegs sein sollte. Das wäre an einigen Tagen auch kein Problem gewesen, an anderen standen allerdings 2.000 Höhenmeter mit Gepäck an – und Italien war der Mittelpunkt einer brutalen Hitzewelle. Einen Monat vor dem Start gab ich meine Tickets zurück und buchte ein Hotel gemeinsam mit meinem Mann, um die Strade Bianche mit dem Gravel Bike zu erkunden.
Hier wurde nun das erste Mal auch die Distanzen deutlich kürzer! Denn spätestens ab 11 Uhr morgens zeigte der Garmin zwischen 38 und 40 Grad – bei diesen Temperaturen ist Sport schon ohne Baby im Bauch nicht so optimal. Nach Tag 1, eine schöne, aber fordernde Tour nach Siena, wagten wir uns eher nur noch auf kurze Touren zwischen 20 und 30 Kilometern, um die 500 Höhenmeter und mit Gravel-Anteilen von 30-40 Prozent. Das brachte uns auch an viele tolle Ecken, aber einige der Highlights, die ich davor geplant hatten, konnten wir einfach mit dem Rad nicht erreichen! So ging die SSW 18 und 19 meiner Schwangerschaft vorüber – aber langsam konnte man auch ein bisschen was vom Bauch sehen! Juhu!

In den Wochen darauf folgten viele normale Ausfahrten zuhause, hier war ich schon immer sehr stolz, wenn ich jemanden überholen konnte (ob der oder diejenige grade am Ende einer 150km-Tour war, völlig egal) und die meiste Zeit versteckte ich mich im Windschatten meines Mannes. So waren auch noch schöne Runden möglich, ohne dass meine Herzfrequenz zu sehr hoch schnellte. Bei den Tagen mit Temperaturen über 35 Grad pausierte ich allerdings.

SSW 20 – SSW 30

Ich dachte in SSW 23 und 24, ich würde das letzte Mal mein Rennrad (oder besser gesagt, Allroad Bike) mit in den Urlaub nehmen. Für den vergangenen Strade-Bianche-Urlaub in der Toskana habe ich 36mm Gravel-Reifen ohne viel Profil aufgezogen, die habe ich danach nicht mehr runter getan. Einerseits, weil mein „echtes“ Gravelbike ein ziemliches Race-Bike ist und ich dort viel gestreckter sitze – irgendwann war dann einfach der Bauch ziemlich im Weg. Andrerseits genieße ich die zusätzliche Sicherheit und die Federung, die die breiten Reifen auch auf der Straße mit sich bringen. Zurück zur 23. und 24. Woche, in der ich ein verlängertes Wochenende meine Familie im Friaul besuchte, natürlich mit Bike dabei! Auch hier konnte ich noch eine Tour über knapp 100 km machen, ans Meer nach Grado, wenngleich ich die Höhenmeter aber eher links liegen ließ: mit maximal 400HM verpasste ich so auch in diesem Kletterer-Paradies das ein oder andere Highlight. Die ruhigen Hügel Norditaliens & Sloweniens waren aber abwechslungsreich genug, und ich begann zu realisieren, dass man mit dem Bauch nicht direkt auf den Indoor-Trainer wechseln muss!

Zurück in Wien folgten wieder ein paar unspektakuläre Fahrten, langsam verabschiedete ich mich auf den Touren in SSW 25 von meinen Hausbergen.

In der SSW27 in Italien und habe ich noch auf Touren beinahe die 1000 Höhenmeter geknackt! Dem Baby und mir ging es dabei prächtig. An zwei besonders stürmischen Tagen habe ich dann doch lieber mein Rad stehen lassen. Mit dem zusätzlichen Gewicht sitzt man sowieso schon etwas unbequemer auf dem Rad, und wenn man dann auch noch durchgehend den Lenker umklammern muss, macht es einfach keinen Spaß. Zwar war ich zu diesem Zeitpunkt schon sehr langsam unterwegs, aber das Radfahren brachte noch immer viel Freude und der Bauch und die Kurzatmigkeit störten kein Bisschen. Zum Glück bekam ich auch keinen harten Bauch beim Radeln, manchmal nervte jedoch das Sodbrennen ein wenig. Auch bergab knackte ich trotz des zusätzlichen Gewichts keine Bestzeiten, da ich natürlich sehr vorsichtig fahre. Ich trage meinen Helm, mein Baby trägt meinen Bauch, damit wir uns schützen. Dennoch versuche ich instinktiv noch mehr als sonst, nicht in brenzlige Situationen zu geraten. Sehr froh war ich zu der Zeit, noch ein paar zu große Trikots im Kasten zu haben, außerdem fuhr ich im Wechsel mit der Veloine-Schwangerschafts-Hose ohne Träger* und einer Bib in XL. Beides ist sehr angenehm – und trug definitiv zu meinem guten Gefühl auf dem Rad bei!

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